1. Es war einmal ein Mädchen. Das hieß Katja. Und dieses Mädchen Katja hatte weder Vater noch Mutter noch Schwester noch Bruder. Eigentlich hatte Katja niemanden außer sich selbst, und deshalb tat sie, wozu sie Lust hatte. Und hatte sie zu nichts Lust, setzte sie sich auf den Ofen und sah zum Fenster hinaus. Draußen war ein Weg, den verschiedene Menschen entlanggingen – junge und alte, zu zwein oder zu drein, mit Hunden oder auch Gänsen oder anderes Getier. Draußen herrschte ein reges Treiben, im Haus war Katja ganz allein. So war es schon immer gewesen. Vor fünf Jahren und vor zehn und auch vorher schon. Seit sie denken konnte. Eines schönen Tages aber erwachte das Mädchen, stand auf und sagte: „Ich will nicht mehr allein sein, ich will zu zwein sein. Vielleicht sogar zu drein." Sprach's, und niemand hatte etwas dagegen einzuwenden. Also schlüpfte Katja in ihre Stiefel und den wattierten Mantel und begab sich zum Markt. Dort waren sämtliche Dorfbewohner versammelt. Als sie Katjas gewahr wurden, spotteten sie: „Vielleicht möchte das kleine Mädchen ja unser Hühnchen kaufen?" „Vielleicht will ich das", gab Katja zurück. „Oder sollen wir dir unsere Katze verkaufen?" „Ei, warum nicht, ich nehm auch die Katze." „Mädchen Katja, dir verkaufen wir nichts, denn wie könnten wir so jemandem wie dir Tiere anvertrauen, du wirst sie sofort verrecken lassen." Da wunderte sich Katja, sie hatte nicht gewusst, dass die Leute in ihrem Dorf so dumm waren. Sie begab sich nachhause, zog das Zauberbuch aus dem Regal und begann zu lesen: „,Wie man Verderben auf Vieh herabschwörtʻ, nein, das ist es nicht; ,Wie man sich gehässiger Menschen entledigtʻ, nein, das auch nicht; ,Wie man ein lebendes Wesen zuhause erschafft …', ah, genau, das ist es, , … hier die Zutaten: Mehl, Hefe, Zucker, Butter …ʻ" Katja schrieb das Rezept ab, stellte das Buch zurück ins Regal und machte sich an die Arbeit. Sie setzte den Teig an, stellte ihn ans Fenster und überlegte, wen sie daraus kneten sollte. „Im Buch ist ein dicker, fetter Pfannkuchen abgebildet, aber was, wenn ich einen Kolobok knete und er am Ende dümmer als das Nachbarshuhn ist. Besser knete ich mir ein Mädchen, wie ich eines bin." Und Katja begann den Teig zu einem Mädchen zu kneten, das haargenau wie sie selbst aussah, nur ein wenig kleiner. Sie schob es in den Ofen, wartete sechzig Minuten, löschte das Feuer, öffnete die Ofenklappe und sprach: „Grüß dich, Katja die Zweite, ich bin Katja die Erste, wenn du willst, können wir zusammen hier leben!" „Grüß dich!", erwiderte Katja die Zweite, „noch seh ich nichts, was dagegen spräche, also einverstanden! Hast du etwas zu essen da?"